Man mag auf die Idee kommen, dass Teilzeitbeschäftigte bei Mehrarbeit keinen Anspruch auf Überstundenzuschläge haben können, denn Teilzeitbeschäftigte erreichen einschließlich der Mehrarbeit nicht die normale Arbeitszeit von Vollzeitbeschäftigten. Dieser Gedanke ist jedoch nicht mit § 4 Absatz 1 des Teilzeit- und Befristungsgesetzes (TzBfG) vereinbar, denn dort wird geregelt, dass Teilzeitkräfte wegen der Teilzeitarbeit nicht schlechter behandelt werden dürfen als vergleichbare Vollzeitkräfte (Diskriminierungsverbot). Eine Ausnahme gilt nur dann, wenn sachliche Gründe eine unterschiedliche Behandlung rechtfertigen. In § 4 Absatz 1 Satz 2 TzBfG wird ausdrücklich geregelt, dass Teilzeitbeschäftigte dieselben Entgeltansprüche wie Vollzeitkräfte haben und zwar anteilig gemessen an ihrer Arbeitszeit.
Diese Rechtslage wird auch in vielen Tarifverträgen umgesetzt, so z.B. in der Arbeitnehmerüberlassung in § 4 Ziffer 4.1.2 des Manteltarifvertrag iGZ und (abstrakt) in § 7 Ziffer 7.1 BAP. Dies ist aber nicht immer so.
Das Bundesarbeitsgericht (BAG) beurteilte mit Urteil vom 05.12.2024 zum Aktenzeichen 8 AZR 370/20 eine Regelung in einem von ver.di geschlossenen Manteltarifvertrag, worin geregelt war, dass Überstundenzuschläge nur für solche Arbeitsstunden zu zahlen sind, die über die monatliche Arbeitszeit eines Vollzeitbeschäftigten hinausreichen. Das BAG urteilte, dass diese tarifvertragliche Regelung gegen das Diskriminierungsverbot in § 4 Absatz 1 TzBfG verstößt und deshalb unwirksam ist; einen sachlichen Grund für die Ungleichbehandlung von Teilzeitkräften gegenüber Vollzeitkräften konnte das BAG nicht erkennen.
Der klagenden Arbeitnehmerin wurden nicht nur anteilige Überstundenzuschläge zugesprochen, sondern darüber hinaus eine Entschädigung in Höhe von 250 Euro wegen Diskriminierung gemäß § 15 Absatz 2 des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG).
Für Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall maßgebende ärztliche Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen (AU-Bescheinigungen) haben hohen Beweiswert. Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat am 15.01.2025 zum Aktenzeichen 5 AZR 284/24 ein Urteil zur Erschütterung des Beweiswertes einer AU-Bescheinigung gefällt, die von einem Arzt in Tunesien ausgestellt wurde, also in einem außerhalb der EU (sogenannter Drittstaat) gelegenen Staat.
Das BAG führt aus, dass einer in einem Drittstaat ausgestellten AU-Bescheinigung grundsätzlich dann der gleiche Beweiswert zukommt, wie einer in Deutschland ausgestellten AU-Bescheinigung, wenn die AU-Bescheinigung erkennen lässt, dass der ausländische Arzt nicht nur eine Erkrankung festgestellt hat, sondern eine zu einer Arbeitsunfähigkeit führende Erkrankung.
Bei der Würdigung einer AU-Bescheinigung sind Zweifel an der Richtigkeit der AU-Bescheinigung nicht isoliert zu betrachten, sondern es sind sämtliche Anhaltspunkte in eine Gesamtbetrachtung einzustellen. Somit kann die Gesamtbetrachtung von einzelnen für sich gesehen unverfänglichen Umständen zu einer Erschütterung des Beweiswertes einer AU-Bescheingung führen.
Im hier entschiedenen Einzelfall handelte es sich um folgende Umstände: Der tunesische Arzt hatte in der Becheinigung keine Wiedervorstellung des Arbeitnehmers angeordnet; trotz bis zu einem bestimmten Tag angeordneter häuslicher Ruhe trat der Arbeitnehmer vor diesem Datum die strapaziöse Heimreise (kein Flug) an; der Arbeitnehmer hatte zuvor innerhalb eines Zeitraums von vier Jahren dreimal unmittelbar nach seinem Urlaub AU-Bescheinigungen vorgelegt. In der Gesamtschau dieser Umstände gelangte das BAG zu dem Ergebnis, dass der Beweiswert der tunesischen AU-Bescheinigung erschüttert war.
Als Rechtsfolge muss der Arbeitnehmer nunmehr - unabhängig von der tunesischen AU-Bescheinigung - vollen Beweis für seine krankheitsbedingte Arbeitsunfähigkeit erbringen, so dass der Rechtsstreit zur weiteren Verhandlung und Entscheidung an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen wurde. Da die tunesische AU - Bescheingung dem Arbeitnehmer nicht weiterhilft, dürfte es ihm schwerfallen, eine krankheitsbedingte Arbeitsunfähigkeit nachzuweisen.
Schon in meinen beiden vorangegangenen Artikeln berichtete ich in Bezug auf Arbeitnehmerüberlassungsverträge und Arbeitsverträge von der Erweiterung der Zulässigkeit der Textform (also insbesondere E-Mail) anstelle der Schriftform durch das 4. Bürokratieentlastungsgesetz.
Ich wiederhole meine entsprechende Aussage in Bezug auf Arbeitsverträge (und Niederschriften gemäß § 2 Absatz 1 des Nachweisgesetzes):
"In Ziffer 11 (5) FW AÜG wird darauf hingewiesen, dass gemäß der aktuellen Fassung von § 2 Absatz 1 Satz 2 des Nachweisgesetzes (NachwG) Textform auch bei der Übermittlung der Niederschrift der in § 2 NachwG genannten wesentlichen Arbeitsbedingungen ausreicht. Da diese Regelung auch Arbeitsverträge erfasst (denn auch solche sind Niederschriften der wesentlichen Arbeitsbedingungen), können auch Arbeitsverträge in Textform abgeschlossen werden.Allerdings empfehle ich, Arbeitsverträge so wie bislang üblich abzuschließen, also Ausfertigung von 2 Exemplaren des Arbeitsvertrages mit Originalunterschriften von Arbeitgeber und Arbeitnehmer, jede Vertragspartei erhält eine Originalausfertigung. Die Verwendung der Textform ist nur dann zulässig, wenn der Arbeitgeber mit der digitalen Übersendung der Niederschrift den Arbeitnehmer zu einer Empfansquittung auffordert. Sodann kann der Arbeitnehmer der Übersendung der Niederschrift in Textform widersprechen, § 2 Absatz 1 Satz 3 NachwG. Schließlich bestehen zur Zulässigkeit der Verwendung der Textform gewichtige Ausnahmen: Für die Befristungsabrede gilt weiterhin Schriftform, § 14 Absatz 4 des Teilzeit- und Befristungsgesetzes (TzBfG). Das nachvertragliche Wettbewerbsverbot bedarf der Schriftform, § 74 des Handelsgesetzbuches (HGB). Gemäß § 2 Absatz 1 Satz 6 NachwG genügt Textform für die Niederschrift nicht, wenn der Arbeitnehmer in einer der in § 2 a Absatz 1 des Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetzes genannten Branchen tätig ist, z.B. im Baugewerbe oder Reinigungsgewerbe. Der Abschluss eines Arbeitsvertrages in Textform eröffnet also diverse Fehlerquellen. "
Erteilung des Arbeitszeugnisses:
Gemäß § 109 Absatz 3 der Gewerbeordnung (GewO) darf ein Arbeitszeugnis seit dem 01.01.2025 mit Einwilligung des Arbeitnehmers in elektronischer Form (also insbesondere per E-Mail) erteilt werden. Da die Übersendung des Arbeitszeugnisses per E-Mail die Einwilligung des Arbeitnehmers erfordert, muss vor der Erteilung des Arbeitszeugnisses die entsprechende Einwilligung des Arbeitnehmers eingeholt werden. Diese Einwilligung kann durch den Austausch entsprechender E-Mails erfolgen, da für die Einwilligung des Arbeitnehmers keine Form vorgeschrieben ist. Von einer lediglich mündlichen Einverständniserklärung des Arbeitnehmers ist abzuraten, da die Einwilligung des Arbeitnehmers nachweisbar sein sollte, wofür ein E-Mailaustausch genügt. Wenn in einer Aufhebungsvereinbarung oder in einem arbeitsgerichtlichen Vergleich die Zeugniserteilung mitgeregelt ist, sollte in die Niederschrift über die einvernehmliche Regelung das Einverständnis des Arbeitnehmers mit der Zeugniserteilung per E-Mail aufgenommen werden.
Gefährdungsbeurteilung gemäß § 10 des Mutterschutzgesetzes (MuSchG):
Gemäß § 10 MuSchG musste der Arbeitgeber bei dem Einsatz einer schwangeren oder stillenden Frau bislang stets eine sogenannte Gefährdungsbeurteilung vornehmen. Gemäß § 10 Absatz 1 Satz 3 MuSchG entfällt diese Verpflichtung nunmehr dann, wenn in gemäß § 30 Absatz 4 MuSchG von einem zuständigen Bundesministerium erarbeiteten Regeln und Erkenntnissen niedergelegt ist, dass eine schwangere oder stillende Frau die betreffende Arbeitstätigkeit ohnehin nicht ausüben oder einer bestimmten Arbeitsbedingung nicht ausgesetzt sein darf.
Inanspruchnahme von Pflegezeit und Verringerung der Arbeitszeit wegen der Pflege naher Familienangehöriger:
Die Inanspruchnahme von Pflegezeit und entsprechende Freistellung von der Arbeitsverpflichtung kann gemäß § 3 Absatz 3 des Pflegezeitgesetzes (PflegeZG) in Texttform geltend gemacht werden, ebenso die Verringerung der Arbeitszeit wegen familiärer Pflege gemäß § 2 a Absatz 1 des Familienpflegegesetzes (FPfZG).
Veröffentlichung von Regelungen über die Arbeitszeit gemäß § 16 Absatz 1 des Arbeitszeitgesetzes (ArbZG) und gemäß dem Jugendarbeitsschutzgesetz (JArbSchG):
Die in § 16 Absatz 1 ArbZG genannten Vorschriften und Regelungen zur Arbeitszeit mussten bislang an geeigneter Stelle im Betrieb zur Einsichtnahme ausgelegt oder an die Arbeitnehmer ausgehändigt werden. Nunmehr genügt alternativ die Veröffentlichung über "die im Betrieb oder der Dienststelle übliche Informations- oder Kommunikationstechnik". Es genügt z.B. die Veröffentlichung über ein betriebsinternes Intranet, zu dem allerdings sämtliche Betriebsangehörige Zugang haben müssen. Dies gilt entsprechend für die zu veröffentlichenden Angaben gemäß §§ 47, 48 JArbSchG (Abdruck des JArbSchG und Mitteilung von Arbeitszeiten und Pausenzeiten der Jugendlichen gemäß §§ 8, 11 JArbSchG). Gemäß § 1 a JArbSchG können Handlungen, für die Schriftform vorgeschrieben ist, auch in Textform erfolgen, allerdings nicht solche gemäß § 6 Absatz 4 Satz 1 JArbSchG (Genehmigung bestimmter Arbeitszeiten durch die Aufsichtsbehörde für Kinder und Jugendliche) und solche gemäß § 21 a Absatz 2 JArbSchG (Übernahme abweichender tarifvertraglicher Regelungen zur Arbeitszeit von Jugendlichen durch nicht tarifgebundene Arbeitgeber).
Verlangen der Gewährung von Elternzeit:
Ab dem 01.05.2025 können anstelle unter Wahrung der Schriftform in Textform geltend gemacht werden:
Anspruch gegen den Arbeitgeber auf Gewährung von Elternzeit gemäß § 16 Absatz 1 des Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetzes (BEEG).
Anspruch gegen den Arbeitgeber auf Gewährung von Teilzeitarbeit während der Elternzeit gemäß § 15 Absatz 7 BEEG und dessen Ablehnung durch den Arbeitgeber.
Die Bundesagentur für Arbeit hat am 26.04.2024 und am 01.01.2025 die "Fachliche Weisungen Arbeitnehmerüberlassungsgesetz" (FW AÜG) überarbeitet. Ohne Anspruch auf Vollständigkeit zu erheben beschreibe ich wie folgt die wichtigsten praxisrelevanten Änderungen.
1. Anwendbares Arbeitnehmerüberlassungserlaubnisrecht bei Homeoffice im Ausland:
In manchen Branchen wie z.B. Software - Dienstleistungen ist die Arbeit nicht ortsgebunden und kann z.B. weitgehend auch im Homeoffice durchgeführt werden. Wenn der Leiharbeitnehmer hierbei vom Ausland her arbeitet, stellt sich die Frage, ob deutsches Arbeitnehmerüberlassungserlaubnisecht Anwendung findet.
Gemäß Ziffer 1.1.1 (3) FW AÜG ist für diese Frage nicht entscheidend, ob der Arbeitnehmer sich während seiner Arbeit im Ausland aufhält. Deutsches Arbeitnehmerüberlassungserlaubnisrecht findet dann Anwendung, wenn ein Inlandsbezug der Arbeit gegeben ist. Dies ist dann der Fall, wenn die Überlassung vom Inland aus erfolgt (also Verleiher mit Sitz in Deutschland) oder der Arbeitnehmer virtuell für einen inländischen Entleiher tätig wird.
Die FW AÜG enthalten sodann den zutreffenden Hinweis, dass die Frage des für das Arbeitsverhältnis geltenden Rechts von Artikel 8 Rom I beantwortet wird: Mangels Rechtswahl unterliegt das Arbeitsverhältnis dem Recht des Staates, in dem oder von dem aus der Arbeitnehmer zur Erfüllung seiner Pflichten aus dem Arbeitsvertrag gewöhnlich seine Arbeit verrichtet.
2. Formvorschriften bei der Einreichung des Erlaubnisantrages:
Der Arbeitnehmerüberlassungserlaubnisantrag (Erstantrag oder Verlängerungsantrag) kann gemäß Ziffer 2.1.1 (3) FW AÜG in folgender Form eingereicht werden:
- Per Post mit eigenhändiger (lesbarer) Originalunterschrift,
- per Telefax mit eigenhändiger (lesbarer) Originlaunterschrft,
- elektronisch über den eService der Bundesagentur für Arbeit,
- gescannter Antrag per E-Mail mit qualifizierter elektronischer Signatur.
Die Arbeitsagentur Düsseldorf akzeptiert auch von meiner Kanzlei per einfacher E-Mail übersandte Anträge, wobei die Anlagen im Format pdf. eingescannt sein müssen. Vorsichtshalber lasse ich mir die Zulässigkeit dieser Einreichungsform allerdings in jedem Einzelfall von der Arbeitsagentur telefonisch bestätigen.
3. Erforderliche Bonität:
Die erforderliche Mindestbonität des Verleihers betrug vormals 10.000 € für bis zu 5 Leiharbeitnehmer und 2.000 € für jeden weiteren Leiharbeitnehmer.
Gemäß Ziffer 2.1.4.1. (1) g FW AÜG ist die Mindestbonität auf 15.000 € für bis zu 5 Leiharbeiter gestiegen sowie auf 3.000 € für jeden weiteren Leiharbeitnehmer.
4. Abweichung vom Gleichstellungsgrundsatz durch Vereinbarung der Geltung eines Tariufvertragswerkes der Zeitarbeit:
Bekanntlich kann durch die Vereinbarung der Anwendung eines anerkannten Tarifvertragswerkes der Zeitarbeit (iGZ oder BAP) vom Gleichstellungsgrundsatz abgewichen werden. Nunmehr wurde das Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 16.10.2019 zum Aktenzeichen 4 AZR 66/18 in Ziffer 8.2 (3) FW AÜG eingearbeitet, wonach eine Abweichung vom Gleichstellungsgrundsatz nur dann zulässig ist, wenn die arbeitsvertragliche Vereinbarung der Geltung des Tarifwerkes der Zeitarbeit das gesamte Tarifwerk erfasst, eine lediglich punktuelle Bezugnahme genügt nicht.
Insbesondere für Mischbetriebe (also solche Unternehmen, die nicht nur Arbeitnehmerverleih praktizieren, sondern z.B. auch Werkverträge durchführen) ist Ziffer 8.5 Nr. 5 FW AÜG von Bedeutung: Die Vereinbarung der Geltung eines Tarifwerkes der Zeitarbeit kann nicht auf Leiharbeitseinsätze des betrteffenden Arbeitnehmers beschränkt werden. Eine Abweichung vom Gleichstellungsgrundsatz ist nur dann zulässig, wenn das Tarifwerk auch für verleihfreie Arbeitszeiträume gilt, also z.B. dann, wenn der Arbeitnehmer bei der Durchführung eines Werkvertrages seines Arbeitgebers eingesetzt wird. In meiner Praxis führt dieser Umstand dazu, dass Mischbetriebe von der Vereinbarung der Anwendung von Tarifwerken der Zeitarbeit Abstand genommen haben und für Verleihzeiträume den Gleichstellungsgrundsatz anwenden.
5. Textform anstelle Schriftform:
Der Arbeitnehmerüberlassungsvertrag zwischen Verleiher und Entleiher bedarf ab dem 01.01.2025 nicht mehr der Schriftform, gemäß der aktuellen Fassung von § 12 Absatz 1 Satz 1 AÜG genügt Textform. Zur Vermeidung von Wiederholungen verweise ich insoweit auf meinen vorangegangenen Artikel.
In Ziffer 11 (5) FW AÜG wird darauf hingewiesen, dass gemäß der aktuellen Fassung von § 2 Absatz 1 Satz 2 des Nachweisgesetzes (NachwG) Textform auch bei der Übermittlung der Niederschrift der in § 2 NachwG genannten wesentlichen Arbeitsbedingungen ausreicht. Da diese Regelung auch Arbeitsverträge erfasst (denn auch solche sind Niederschriften der wesentlichen Arbeitsbedingungen), können auch Arbeitsverträge in Textform abgeschlossen werden.
Allerdings empfehle ich, Arbeitsverträge so wie bislang üblich abzuschließen, also Ausfertigung von 2 Exemplaren des Arbeitsvertrages mit Originalunterschriften von Arbeitgeber und Arbeitnehmer, jede Vertragspartei erhält eine Originalausfertigung. Die Verwendung der Textform ist nur dann zulässig, wenn der Arbeitgeber mit der digitalen Übersendung der Niederschrift den Arbeitnehmer zu einer Empfansquittung auffordert. Sodann kann der Arbeitnehmer der Übersendung der Niederschrift in Textform widersprechen, § 2 Absatz 1 Satz 3 NachwG. Schließlich bestehen zur Zulässigkeit der Verwendung der Textform gewichtige Ausnahmen: Für die Befristungsabrede gilt weiterhin Schriftform, § 14 Absatz 4 des Teilzeit- und Befristungsgesetzes (TzBfG). Das nachvertragliche Wettbewerbsverbot bedarf der Schriftform, § 74 des Handelsgesetzbuches (HGB). Gemäß § 2 Absatz 1 Satz 6 NachwG genügt Textform für die Niederschrift nicht, wenn der Arbeitnehmer in einer der in § 2 a Absatz 1 des Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetzes genannten Branchen tätig ist, z.B. im Baugewerbe oder Reinigungsgewerbe. Der Abschluss eines Arbeitsvertrages in Textform eröffnet also diverse Fehlerquellen.
Bis zum 31.12.2024 musste ein Arbeitnehmerüberlassungsvertrag (ANÜ - Vertrag) in Schriftform abgeschlossen werden, also mit den Originalunterschriften von Entleiher und Verleiher auf der Vertragsurkunde. Durch das 4. Bürokratieentlastungsgesetz wurde die Schriftform durch die Textform ersetzt, so dass § 12 Absatz 1 Satz 1 AÜG nunmehr lautet: "Der Vertrag zwischen dem Verleiher und dem Entleiher bedarf der Textform".
Der Begriff der Textform wird in § 126 b BGB definiert:
"Ist durch Gesetz Textform vorgeschrieben, so muss eine lesbare Erklärung, in der die Person des Erklärenden genannt ist, auf einem dauerhaften Datenträger abgegeben werden. Ein dauerhafter Datenträger ist jedes Medium, das 1. es dem Empfänger ermöglicht, eine auf dem Datenträger befindliche, an ihn persönlich gerichtete Erklärung so aufzubewahren oder zu speichern, dass sie ihm während eines für ihren Zweck angemessenen Zeitraums zugänglich ist, und 2. geeignet ist, die Erklärung unverändert wiederzugeben."
In den aktuellen "Fachliche Weisungen Arbeitnehmerüberlassungsgesetz" der Bundesagentur für Arbeit (FW AÜG) beschränken sich die Erläuterungen in Ziffer 12. (4) auf einen Auszug aus dem vorzitierten Gesetzestext von § 126 b BGB und den Hinweis, dass bei Betriebsprüfungen der Inhalt des Überlassungsvertrages in lesbarer Form zugänglich zu machen ist.
Bei der praktischen Handhabung der Textform für den Abschluss des ANÜ - Vertrages ist zunächst zu beachten, dass der Abschluss eines Vertrages immer den Austausch von aufeinanderbezogenen Willenserklärungen der Vertragsparteien erfordert, also beim ANÜ - Vertrag von Entleiher und Verleiher. Der gewollte Inhalt des Vertrages muss also wie bislang in lesbarer Form niederlgelegt werden und es muss nachweisbar sein, dass beide Parteien mit dem Abschluss des Vertrages und mit seinem Inhalt einverstanden sind. Schon aus diesem Grund empfehle ich, die Vertragsbedingungen so wie bislang in einer umfassenden Vertragsurkunde niederzulegen.
Sodann muss die entsprechende Willenserklärung eine abschließende Erklärung erkennen lassen, also "ihr Ende". Eine Unterschrift ist nicht erforderlich, es genügt theoretisch also eine Grußformel. Allerdings ist - wie vorgeschildert - auch bei Textform Wirksamkeitsvoraussetzung des Vertrages, dass die andere Vertragspartei bekundet hat, dass sie sowohl mit dem Abschluss des Vertrages als auch mit seinem Inhalt einverstanden ist. Um einen wirksamen Vertragsabschluss nicht mit einer Sammlung von E-Mails nachweisen zu müssen (beachtliche Fehlerquelle), empfiehlt sich dringend, dass beiden Parteien eine Vertragsurkunde vorliegt, die von beiden Parteien mit einer faksimilierten opder digitalen Unterschrift versehen ist und diese Unterschrift bei einem Ausdruck auf dem Papier auch erscheint.
Der Vertrag muss auf einem dauerhaften Datenträger gespeichert werden, also auf Papier oder USB-Stick oder CD-ROM oder Speicherkarte oder Festplatte oder E-Mail oder Computerfax.
Bei Betriebsprüfungen muss das Vorhandensein eines solchen Vertragsschlusses in lesbarer Form nachweisbar sein. Aus diversen Betriebsprüfungen der Arbeitsagentur ist mir bekannt, dass die Betriebsprüfer bevorzugen, wenn übersichtliche und chronologisch geordnete und auf den jeweiligen Arbeitnehmer bezogene Personalunterlagen in Papierform vorgelegt werden.
Die vorstehenden Erläuterungen zeigen, dass bei dem gebotenen Ausschluss von Fehlerquellen die Vorteile der Textform gegenüber der Schriftform auf 2 Aspekte zusammenschmelzen: Die Originalunterschrift kann durch faksimilierte oder digitale Unterschrift ersetzt werden; die Übermittlung des Vertrages durch E-Mail im Format pdf. ist zulässig.
Die vorstehenden Erläuterungen münden in folgende Empfehlungen:
Die Vertragsbedingungen des ANÜ - Vertrages sollten weiterhin wie gewohnt in einer umfassenden und mit Ausstellungsort und Ausstellungsdatum versehenen Vertragsurkunde niedergelegt werden. Entleiher und Verleiher bringen auf diese Vertragsurkunde ihre Originalunterschrift oder digitale oder faksimilierte Unterschrift auf. Die dergestalt unterzeichnete Vertragsurkunde kann dann im Format pdf. mit E-Mail ausgetauscht werden, so dass sowohl Entleiher als auch Verleiher über eine mit beiden Unterschriften versehene Vertragsurkunde verfügen. Ein Ausdruck dieser Vertragsurkunde in Papierform ist nicht erforderlich, dürfte sich jedoch im Fall einer anstehenden Betriebsprüfung empfehlen. Damit solche wichtigen Urkunden bei Störungen der EDV - Anlage nicht verloren gehen, empfiehlt sich eine regelmäßige Sicherungsspeicherung z.B. auf einem USB - Stick.
Die vorstehenden Erläuterungen gelten sinngemäß für den ANÜ - Vertrag begleitende Erklärungen wie z.B. die Konkretisierung.