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Seit vielen Jahren arbeiten deutsche Bauunternehmen mit Nachunternehmern aus Osteuropa zusammen, insbesondere polnischen Bauunternehmen. Aufgrund entsprechender Nachunternehmerwerkverträge mit dem polnischen Nachunternehmer werden dann polnische Staatsangehörige zur vorübergehenden Arbeit von Polen aus nach Deutschland entsandt.

In Polen leben viele Ukrainer, insbesondere auch Kriegsflüchtlinge. Seit geraumer Zeit stelle ich in meiner Praxis zunehmend fest, dass bei einem polnischen Bauunternehmen angestellte Ukrainer gemeinsam mit ihren polnischen Arbeitskollegen als Mitglieder einer Arbeitskolonne des polnischen Nachunternehmers zur Durchführung von Nachunternehmerwerkverträgen nach Deutschland entsandt werden. Augenscheinlich wird sowohl in Deutschland als auch in Polen häufig davon ausgegangen, dass die für Ukrainer wegen des Krieges in ihrem Heimatland derzeit geltenden Zuzugsregelungen nach Deutschland bedeuten, "dass die Ukrainer in Deutschland so arbeiten dürfen wie die Polen".

Eine solche Annahme ist falsch. Die für ukrainische Staatsangehörige derzeit bestehenden aufenthaltsrechtlichen Sonderregelungen gelten nur für Kriegsflüchtlinge, die zur Gewährung vorübergehenden Schutzes nach Deutschland einreisen. Bislang haben diese Kriegsflüchtlinge in Deutschland nach entsprechender Antragstellung bei der Ausländerbehörde eine Aufenthaltserlaubnis (oder vorab eine entsprechende sogenannte Fiktionsbescheinigung) "zum vorübergehenden Schutz" gemäß § 24 des Aufenthaltsgesetzes (AufenthG) erhalten. Die Geltung dieser Aufenthaltserlaubnisse gemäß § 24 AufenthG ist aufgrund einer entsprechenden Rechtsverordnung derzeit bis zum 04.03.2026 begrenzt. Inhaber einer Aufenthaltserlaubnis gemäß § 24 AufenthG dürfen in Deutschland als Arbeitnehmer ("Beschäftigung") und auch selbständig arbeiten, die entsprechenden Fiktionsbescheinigungen und Aufenthaltserlaubnisse tragen die Nebenbestimmung "Erwerbstätigkeit erlaubt". Für bislang noch nicht nach Deutschland eingereiste ukrainische Staatsangehörige (und ihre Familienangehörigen) gilt derzeit die Regelung, dass sie bis zum 04.12.2025 nach Deutschland einreisen und sich dann 90 Tage hier aufhalten dürfen. Zukünftige Sonderregelungen für ukrainische Kriegsflüchtlinge werden sicherlich davon abhängen, wie sich die Situation in der Ukraine entwickelt.

Sodann dürfen ukrainische Staatsangehörige, die über einen biometrischen Pass verfügen, für Touristenaufhalte und Geschäftsbesprechungen (für einen Zeitraum von maximal 90 Tagen innerhalb von 180 Tagen) visumfrei in den Schengenraum, also auch nach Deutschland, einreisen. Diese Regelung gestattet nicht die  Ausübung einer Erwerbstätigkeit.    

Abgesehen von den beiden vorgenannten Fallgruppen Kriegsflüchtlinge und visumfreier Touristenaufenthalt gelten für ukrainische Staatsangehörige keine aufenthaltsrechtlichen Sonderregelungen. Es gilt also der Grundsatz, dass für die Einreise nach Deutschland zum Zwecke der Ausübung einer Erwerbstätigkeit vor der Einreise bei der zuständigen deutschen konsularischen Auslandsvertretung die Erteilung eines Einreisevisums für die Ausübung einer Erwerbstätigkeit beantragt werden muss. Erst nach Erteilung dieses Visums darf die Arbeitstätigkeit in Deutschland begonnen werden. 

Es können folgende Erleichterungen in Betracht kommen:

Zwecks Förderung der europarechtlichen Dienstleistungsfreiheit ist infolge von Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes das sogenannte "Vander Elst - Visum" geschaffen worden. Hiernach wird einem Drittstaatsangehörigen (also mit Staatsangehörigkeit eines Nicht-EU - Staats, z.B. Ukrainer), der in einem Unternehmen mit Sitz in einem Mitgliedstaat der EU (z.B. Polen) ordnungsgemäß beschäftigt ist und der dort seine Haupttätigkeit ausübt, ein Visum für die Entsendung nach Deutschland erteilt. Obwohl keine weiteren Voraussetzungen erfüllt werden müssen, ist das Antragsverfahren für das "Vander Elst - Visum" kompliziert und mit langen Bearbeitungszeiten verbunden. Schon deshalb ist das "Vander - Elst-Visum" häufig nicht geeignet.

Praktikabler ist die sogenannte "Nichtbeschäftigungsfiktion". Ein Drittstaatsangehöriger (z.B. Ukrainer) darf von seinem in einem Mitgliedstaat der EU (z.B. Polen) ansässigen Arbeitgeber, bei dem er ordnungsgemäß beschäftigt ist, für einen Zeitraum von maximal 90 Tagen innerhalb eines Zeitraums von 12 Monaten visumfrei nach Deutschland entsandt werden. Diese Regelung gilt jedoch nur dann, wenn der Drittstaatsangehörige in dem EU - Mitgliedstaat, in dem sein Arbeitgeber seinen Sitz hat, den Aufenthaltsstatus des "langfristig Aufenthaltsberrechtigten / EU" hat. Beispiel: Ein Ukrainer, der in einem polnischen Bauunternehmen eingestellt ist, darf von seinem polnischen Arbeitgeber visumfrei für den vorgenannten Zeitraum nach Deutschland entsandt werden, wenn er in Polen eine "pobyt rezydenta dlugoterminowego - UE" besitzt. Auf diesen Aufenthaltstitel besteht ein Anspruch nach 5 - jährigem rechtmäßigem und untunterbrochenen Aufenthalt in dem jeweilgen Mitgliedstaat der EU. 

 

 

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